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Dienstag, 19. Juni 2007
It' s a long way to Dingenskirchen
Dreimal umsteigen. Irgendeiner dieser Umstiege würde wohl schiefgehen.
Klar doch. Gleich der erste. Zunächst eine "Gleisbesetzung" kurz vor der Einfahrt nach Ansbach. Gleisbesetzung?
Danach der Hinweis, wir seien nun leider hinter einem "langsam fahrenden Güterzug" auf der Schiene.
Ich dachte eigentlich, Personenzüge hätten, naja, Vorrang. Ist wohl nicht so.
Ein paar Kilometer weiter verloren wir dann wegen "Zugquerung" diverse Minuten.
Was es nicht alles gibt. Ein Glück, dass der Zugbegleiter ein Feuerwerk der guten Laune nach dem anderen abbrannte.
"Ja glauben Sie, ich hätt' den Job seit 28 Jahren machen können, wenn ich mich darüber aufregen würde? Höhö!" grölte er fröhlich durch den Großraumwagen. "Ein Original", hauchte die BWL-Studentin schräg gegenüber ehrfürchtig ihrem Verlobten zu.
Ich bin da nicht so sicher. Vermutlich lernen die modernen Bahner solche rhetorischen Deeskalationsfinessen neuerdings von ihren Coaches.
Klar doch. Gleich der erste. Zunächst eine "Gleisbesetzung" kurz vor der Einfahrt nach Ansbach. Gleisbesetzung?
Danach der Hinweis, wir seien nun leider hinter einem "langsam fahrenden Güterzug" auf der Schiene.
Ich dachte eigentlich, Personenzüge hätten, naja, Vorrang. Ist wohl nicht so.
Ein paar Kilometer weiter verloren wir dann wegen "Zugquerung" diverse Minuten.
Was es nicht alles gibt. Ein Glück, dass der Zugbegleiter ein Feuerwerk der guten Laune nach dem anderen abbrannte.
"Ja glauben Sie, ich hätt' den Job seit 28 Jahren machen können, wenn ich mich darüber aufregen würde? Höhö!" grölte er fröhlich durch den Großraumwagen. "Ein Original", hauchte die BWL-Studentin schräg gegenüber ehrfürchtig ihrem Verlobten zu.
Ich bin da nicht so sicher. Vermutlich lernen die modernen Bahner solche rhetorischen Deeskalationsfinessen neuerdings von ihren Coaches.
Waldorff, 22:32h
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Mamas Weisheiten #1
"Geh doch ins Bett.
Morgen früh ist die Nacht zu Ende."
Morgen früh ist die Nacht zu Ende."
Waldorff, 07:35h
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Freitag, 15. Juni 2007
Der Onkel
Wohl jede Familie kennt ihn: den Onkel Fritz.
Er heißt möglicherweise gar nicht Fritz, sondern Herbert, Rudi oder Wolfgang.
Wenn es ganz dumm kommt, heißt er vielleicht sogar Karl-Heinz. Unser Onkel Fritz hieß Onkel Fritz. Er hatte nie geheiratet und das war offensichtlich: So sah niemand aus, der in seinem Leben auch nur eine ernsthafte Beziehung zu einer Frau gehabt hatte. Ein Verdacht, er könne mehr Interesse an Männern haben, kam nie auf. Bei Fritz stellten sich derartige Fragen ganz einfach nicht. Onkel Fritz war eben Onkel Fritz. Er war ein Vertreter der Klasse harmloser Sonderlinge, Eigenbrötler und geheimniskrämerischer Erfindertypen, die in manchen Romanen auftauchen. Er war marottig und gehemmt, eigentümlich in manchen Verhaltensweisen, aber stets absolut liebenswürdig. Onkel Fritzens intellektuelle Leidenschaft erschöpfte sich über viele Jahrzehnte in dem Bemühen um die Entwicklung eines die Welt der Luftfahrt revolutionierenden Fluggerätes, eines hölzernen und holzbetriebenen Hubschraubers. Den wollte er eigenhändig steuern und eines fernen Tages in unserem Garten landen. Zuweilen dachte er in Rodinpose über das Perpetuum mobile nach, löste Rätsel in seinen Zeitschriften, kaute selbst Joghurt vielmals und ermahnte auch meine Familie bei jeder Mahlzeit zum ausgiebigen Kauen des Essens.
Wenn er inspiriert war, kritzelte er wirre doktormabusige Konstruktionszeichnungen aufs Papier, die er später wieder verwarf.
In der Frühe trank er ein Gläschen Wodka gegen den Alterszucker, vermied jedoch ansonsten jegliche exzessive Lebensweise und rauchte auch nicht. Er misstraute Zahnärzten und der Politik und schüttelte den Kopf ob der Dinge, die im zwanzigsten Jahrhundert geschehen waren und noch geschahen.
Bei seinen Erfindungsbemühungen kam natürlich nie etwas Greifbares heraus, nicht einmal etwas Sichtbares, was aber niemand ernsthaft erwartet hatte. War er wirklich überzeugt davon, erfolgreich sein zu können oder zog er nur für mich kleinen Jungen seine Düsentrieb-Schau ab? Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen. Funktioniert hat die Nummer jedenfalls. Wir erinnern uns heute bei jedem Familientreffen dankbar an ihn, weil er (was wir damals nicht wussten und nie hätten würdigen können) der unbestritten größte Exzentriker der ansonsten wenig unterhaltsamen Verwandtschaft war. Wir haben ihn sehr gemocht, den Onkel.
Er heißt möglicherweise gar nicht Fritz, sondern Herbert, Rudi oder Wolfgang.
Wenn es ganz dumm kommt, heißt er vielleicht sogar Karl-Heinz. Unser Onkel Fritz hieß Onkel Fritz. Er hatte nie geheiratet und das war offensichtlich: So sah niemand aus, der in seinem Leben auch nur eine ernsthafte Beziehung zu einer Frau gehabt hatte. Ein Verdacht, er könne mehr Interesse an Männern haben, kam nie auf. Bei Fritz stellten sich derartige Fragen ganz einfach nicht. Onkel Fritz war eben Onkel Fritz. Er war ein Vertreter der Klasse harmloser Sonderlinge, Eigenbrötler und geheimniskrämerischer Erfindertypen, die in manchen Romanen auftauchen. Er war marottig und gehemmt, eigentümlich in manchen Verhaltensweisen, aber stets absolut liebenswürdig. Onkel Fritzens intellektuelle Leidenschaft erschöpfte sich über viele Jahrzehnte in dem Bemühen um die Entwicklung eines die Welt der Luftfahrt revolutionierenden Fluggerätes, eines hölzernen und holzbetriebenen Hubschraubers. Den wollte er eigenhändig steuern und eines fernen Tages in unserem Garten landen. Zuweilen dachte er in Rodinpose über das Perpetuum mobile nach, löste Rätsel in seinen Zeitschriften, kaute selbst Joghurt vielmals und ermahnte auch meine Familie bei jeder Mahlzeit zum ausgiebigen Kauen des Essens.
Wenn er inspiriert war, kritzelte er wirre doktormabusige Konstruktionszeichnungen aufs Papier, die er später wieder verwarf.
In der Frühe trank er ein Gläschen Wodka gegen den Alterszucker, vermied jedoch ansonsten jegliche exzessive Lebensweise und rauchte auch nicht. Er misstraute Zahnärzten und der Politik und schüttelte den Kopf ob der Dinge, die im zwanzigsten Jahrhundert geschehen waren und noch geschahen.
Bei seinen Erfindungsbemühungen kam natürlich nie etwas Greifbares heraus, nicht einmal etwas Sichtbares, was aber niemand ernsthaft erwartet hatte. War er wirklich überzeugt davon, erfolgreich sein zu können oder zog er nur für mich kleinen Jungen seine Düsentrieb-Schau ab? Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen. Funktioniert hat die Nummer jedenfalls. Wir erinnern uns heute bei jedem Familientreffen dankbar an ihn, weil er (was wir damals nicht wussten und nie hätten würdigen können) der unbestritten größte Exzentriker der ansonsten wenig unterhaltsamen Verwandtschaft war. Wir haben ihn sehr gemocht, den Onkel.
Waldorff, 10:59h
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Dienstag, 5. Juni 2007
Elektronische Literatur
Ich mag Literaturexperimental-Unfug jeder Art ja spätestens seit ich die Jungs von Oulipo für mich entdeckt hatte.
In den Texten unten verlinkter Sammlung elektronischer Literatur versuchen die Autoren unter anderem von Computerspielen bekannte Interaktionstechniken für ihre Erzählungen zu nutzen. Der Leser legt selbst fest, was wann geschieht.
Schon ganz nett gemacht.
In den Texten unten verlinkter Sammlung elektronischer Literatur versuchen die Autoren unter anderem von Computerspielen bekannte Interaktionstechniken für ihre Erzählungen zu nutzen. Der Leser legt selbst fest, was wann geschieht.
Schon ganz nett gemacht.
Waldorff, 23:58h
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