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Samstag, 30. Oktober 2004
Georges Perec
Georges Perec wird am 7. März 1936 in Paris geboren. Seine Eltern sind jüdische Einwanderer aus Polen. Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges fällt sein Vater an der Front. 1943 deportiert die deutsche Besatzungsmacht Perecs Mutter. Der kleine Georges ist ganz allein auf der Welt. Trost bietet ihm die Literatur, das Labyrinth aus Worten, die wunderbare Welt der Buchstaben und Geschichten. Und dieser Trost bleibt.
Wie Perec später einmal über seine Eltern und seine Haltung zur Literatur sagt: "Schreiben ist die Erinnerung an ihren Tod und die Bestätigung, daß ich lebe."
Lesen, lernen, aufbewahren, Zettel, Zitate, Inventare, Register.
Perec ist ein besessener Sammler von Informationen. Seine Texte sind nie das Ergebnis des Zufalls oder der Intuition. Immer steht vor der Niederschrift der Plan, das Spiel mit der Sprache, das Ausprobieren der Möglichkeiten, das Experimentieren. Perec findet sich mit anderen Autoren in der Gruppe Oulipo zusammen. Die Schriftsteller räsonnieren über Sprache, Logik, Zufall und Mathematik. Sie unterwerfen sich selbst Grenzen und Gesetzen im formalen Aufbau ihrer Geschichten, im paradoxen Glauben daran, daß die Strenge der Komposition zu einer Entfaltung ihrer Fantasie, zum Quantensprung ihrer handwerklichen Qualität, der Eruption ihrer Gedanken führt. Und Perec steckt mittendrin. Er schreibt "Anton Voyls Fortgang", einen Roman, der vollständig auf den Buchstaben "e" verzichtet. Er veröffentlicht "Das Leben, Gebrauchsanweisung", den Roman der aus 99 Kleinstromanen besteht, ein einzigartiges Puzzle, die Beschreibung des Universums eines Pariser Mietshauses und seiner Bewohner.

Fortsetzung folgt...
Waldorff, 22:05h

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Buñueloni
Angesichts der herausragenden Rolle, die der Martini dry in meinem Leben gespielt hat, von dem ich hier erzähle, muß ich ihm zwei oder drei Seiten widmen. Wie alle Cocktails ist der Martini dry vermutlich eine amerikanische Erfindung. Er besteht vor allem aus Gin und einigen Tropfen Wermut, vorzugsweise Noilly-Prat. Die wirklichen Kenner, die ihren Martini gern ganz trocken trinken, behaupten sogar, man dürfe den Noilly Prat erst dann in den Gin geben, wenn ein Sonnenstrahl in berührt habe. Ein guter Martini dry, sagt man in Amerika, sei wie die unbefleckte Empfängnis. Bekanntlich habe dem heiligen Thomas von Aquin zufolge die befruchtende Kraft des Heiligen Geistes das Hymen der Jungfrau Maria durchquert „wie ein Sonnenstrahl, der durch eine Glasscheibe fällt, ohne sie zu zerbrechen". Genauso sei es mit dem Noilly Prat. Das finde ich etwas übertrieben.
Das Eis, das man verwendet, muß sehr kalt und sehr hart sein, damit es kein Wasser abgibt. Nichts ist schlimmer als ein feuchter Martini. Ich möchte hier noch mein persönliches Rezept verraten - ein Ergebnis langer Erfahrung, mit der ich großen Erfolg hatte.
Am Tage bevor die Gäste kommen, stelle ich alles Notwendige, die Gläser, den Gin, den Shaker, in den Eisschrank. Ich habe ein Thermometer, das es erlaubt, die Temperatur des Eises bei ungefähr zwanzig Grad unter null zu halten. Am Tage darauf, wenn die Gäste da sind, nehme ich alles, was ich brauche, heraus, schütte zunächst ein paar Tropfen Noilly Prat und einen halben Teelöffel Angostura auf das sehr harte Eis, schwenke das Ganze und schütte es aus bis auf die Eiswürfel, auf denen eine leichte Spur des Geschmacks von Wermut und Angostura zurückbleibt, und darauf gieße ich dann den reinen Gin. Ich schwenke noch ein wenig und serviere. Das ist alles, es gibt nichts Besseres.
In New York habe ich vom Direktor des Museum of Modern Art in den vierziger Jahren eine leichte Variante gehört: Statt des Angostura nimmt man etwas Pernod - für mich ist das Ketzerei. Es war auch nur eine Mode, sie ist längst wieder vorbei.
Abgesehen von dem Martini, der mein Lieblingsgetränk geblieben ist, bin ich auch der bescheidene Erfinder eines Cocktails mit dem Namen Buñueloni.
In Wirklichkeit ist das weiter nichts als ein Plagiat des berühmten Negroni, nur nimmt man statt des Campari, den man sonst mit Gin und süßem Cinzano mischt, Carpano. Das ist ein Cocktail, den ich gern abends vor dem Essen trinke. Auch bei ihm gewährleistet der Gin, von dem man mehr nimmt als von den anderen Bestandteilen, ein gutes Funktionieren der Phantasie. Warum das so ist? Ich weiß es nicht, ich stelle es nur fest.


Quelle:
Luis Buñuel: Mein letzter Seufzer, Seite 36-37
Waldorff, 21:25h

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Bunueloni

3 cl Punt e Mes
3 cl Vermouth Bianco
2 cl Gin
1 Stückchen Zitronenschale
(1 Stückchen Orangenschale)

Zusammen mit Eiswürfeln im Tumbler oder aber im Aperitifglas rühren und mit Zitronenschale abspritzen und ins Glas geben.
Waldorff, 21:24h

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Dienstag, 11. Mai 2004
Absinth
Die Schweizer sind schuld!

„Wer hat’s erfunden?“, quengelt der lästige, ein Meter dreißig große Schweizer durch das Fernsehbild. Und die Antwort kennt jeder. Und das gilt nicht nur für klebrige Kräuterbonbons, sondern auch für die Mode des 19. Jahrhunderts, sich mit giftig-grünem Absinth zu berauschen. Zwar kannte bereits die Antike die heilende Wirkung des Wermuts (Artemisia absinthium), aber das Epizentrum des Vollrauschs war in den 1850-er Jahren das Val-de-Travers. Baudelaire, Rimbaud und Verlaine süffelten ihren Absinth in Unmengen. Der hohe Gehalt an dem psychoaktiven Thujon (Tanaceton) veranlasste viele europäische Staaten, Herstellung und Genuss von Absinth zu Beginn des 20. Jahrhunderts unter Strafe zu stellen. Heute dürfen die glücklichen Europäer wieder. Und sie müssen noch nicht mal Gedichte schreiben. Allerdings enthalten Absinthe jetzt höchstens 10mg pro Kilogramm Thujon. Ist auf der Flasche das Getränk als „Bitterspirituose“ gekennzeichnet, dann darf der Thujon-Gehalt dreieinhalb mal so hoch sein. Tipp: auf Tschechisch heißt das „Horka Lihovina“. Die Tschechen bevorzugen den Absinth übrigens ohne Anis und Fenchel, die Färbung ist traditionell türkisgrün.

Mit Pfefferminz bin ich Dein Prinz

Während der Prager Cafehaus-Bohemien seinen Absinth gerne mit Pfefferminze genießt, fügt der französische Bonvivant in seiner Variante dem Getränk schon mal Koriander hinzu. Für das legendäre Prager Absinth-Ritual (vielleicht gar nicht so legendär und eine Entwicklung des tschechischen Tourismusamtes) benötigt der Proband nichts weiter als ein Glas, einen Löffel, Zucker und selbstredend Absinth (gehen wir mal von zwei cl Absinth und einem Teelöffel Zucker aus). Man tränkt den Zucker und entzündet ihn, wartet bis zur vollständigen Karamelisierung. Dann wird der Zucker abermals in den Absinth getaucht, mit kaltem Wasser gelöscht und die ganze Chose im Verhältnis 1:1 verdünnt. So sieht’s aus. Was das Ganze mit genialen Verbrechern zu tun hat? Dazu bei Gelegenheit mehr.
Waldorff, 15:50h

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Mabuse - ein Alkoholiker?
Kognak und Sekt.
Ein Hinweis auf Dr. Mabuses Trinkgewohnheiten

Eine andere Art des Rausches lernen wir bei Dr. Mabuse kennen, dem allseits bekannten Verbrecher aus den 20-er Jahren. Er, der Hypnose mächtig und genialer Kopf einer kriminellen Organisation – verspürt ab und an den Wunsch, sich dem Alkohol hinzugeben. Und das gründlich. Bevorzugtes Mittel zum Zweck ist hierbei Kognak, den er flaschenweise leert. Einmal sehen wir ihn auch Kognak und Sekt mischen. Übel. Heftig wie seine Trinkgewohnheiten ist auch der Rausch, den sie verursachen: Ein Rausch in expressionistischen Formen und Farben, begleitet von gleichsam stummfilmreifen Gebärden. Bleibt Mabuses geniales Hirn im allgemeinen unberührt von den alkoholischen Exzessen, so merkt man doch am Gang und der Aussprache des genialen Schurken, dass der literweise Genuss von Destillaten auch an einem Titan des Bösen nicht spurlos vorübergeht. Mabuse braucht den Alkohol, damit sich sein böser Geist von überstandenen Gefahren entspannen kann. Er sucht die Bestätigung der Richtigkeit seiner Handlungen. Dem devoten Spoerri, Faktotum Mabuses, fällt dabei die undankbare Rolle des Co-Trinkers und Kopfnickers zu. Schließlich findet der promovierte Gesetzesbrecher beim Zechen die Eingebung und Erleuchtung für neue Schandtaten. Das Saufen vor wichtigen Entscheidungen ist sein Ritual. Eine Orgie ersten Ranges ist es dann auch, die er und sein Faktotum Spoerri absolvieren, bevor Mabuse sich schwankend in das Gemach der von ihm entführten Gräfin Told aufmacht. Obwohl der Autor des Romans, Norbert Jacques, uns die schmutzigen Details erspart, müssen wir das Schlimmste annehmen... Offenbar hat ein Dr. Mabuse auch nach einem maßlosen Gelage keinerlei Erektionsprobleme. Na ja.
Waldorff, 11:33h

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Montag, 10. Mai 2004
Schlimmer Finger, böser Bube...
Ich will einen vergessenen literarischen Bösewicht aus den hinteren Reihen der Regale ziehen, ihn abstauben und mit mokantem Grinsen der Gegenwart überreichen. Conte Fosco: Ein Vorläufer von Professor Moriarty.

Der dunkle, opernariensingende, tierliebende Exilitaliener in der "Weißen Frau" von Wilkie Collins. Gebildet, genial, frei von jeder Moral, böse. Siehe auch den Essay von Arno Schmidt "Enter, Conte Fosco".

Wie ja schon Arno wußte: In den viktorianischen Romanen sind die Nebenfiguren stets interessanter als die Helden. Wenngleich der Collins-Roman seine Längen hat, der Fosco-Essay von Arno Schmidt ist auf jeden Fall lesenswert.
Waldorff, 11:25h

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Mittwoch, 5. Mai 2004
Absinth! Die grüne Fee!
Absenta ist eine Spirituose mit Wermut (Artemisia absinthium). Aus der Antike als Heilmittel bekannt, wurde sie ausgehend vom schweizerischen Val-de-Travers in der Mitte des 19. Jahrhunderts in Mitteleuropa zur Volksdroge. Beliebt war die Grüne Fee vor allem bei Künstlern wie Van Gogh, Baudelaire, Rimbaud, Verlaine, Hemingway und Picasso. Anfang des 20. Jahrhunderts aber wurde Absinth in weiten Teilen Westeuropas verboten. Nur in Spanien überlebte es in kleinen Destillerien. Wermuth ist eine bitter schmeckende Pflanze. Der psychoaktive Bestandteil ist Thujon (Tanaceton), ein Neurotoxin. Absinth ist eine mit Matzeraten des Wermutkrautes hergestellte Spirituose, mit Zusätzen von Sternanis, Fenchel und anderen Kräutern. Charakteristisch für Absinth ist, dass bei der Verdünnung mit Wasser oder Eis eine milchige Trübung erfolgt. Jedes Land entwickelte eine eigene Absinthvariante: so z.B. in Tschechien mit Pfefferminze, ohne Anis und Fenchel. In der Schweiz wurde er mit Melisse, Ysop oder Angelikawurzel getrunken, in Frankreich auch mit Koriander.
Waldorff, 16:13h

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Gerade vergangen:
Wo?
Wo hört (oder gar sieht) man davon? In welchem Kontext?...
MaxMeier - 3. Jul, 17:20
Ein Be(tr/s)offener
Da gabs doch mal was mit der eigenen Nase...
MaxMeier - 3. Jul, 17:12
Ausziehmädchen
Man hört in letzter Zeit so viel von diesen ominösen...
by Waldorff (24. Apr, 17:19)
Gell? Vielleicht sollte...
Gell? Vielleicht sollte ich mal ein Drehbuch verfassen...
Waldorff - 16. Apr, 15:39
Das nenn ich Schlagfertigkeit...
Das nenn ich Schlagfertigkeit ;-)
novesia - 16. Apr, 15:16

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